Rainer W. Sauer über die Intentionen hinter der Entwicklung von NEUROVIBES©

Als Idee bei der Entwicklung von NEUROVIBES© als externe Impulsgeber für den menschlichen Geist gab es von Anfang an die Überlegung, die weitgehend unharmonisch oszilierenden Gehirnwellen mit den relativ harmonischen Schwingungen von Musik zu vermischen. Mein erstes Start-Up in diesem Bereich, wie man heute so etwas benennen würde, hatte ich im Keller eines Hauses in Frankfurt am Main in der Straße „An der Seehecke“. Der wurde von mir zu 2/3teln für das „Edge-of-the-Hedge“ Tonstudio genutzt und das restliche Drittel war gefüllt mit Elektronik zur Klangforschung und Klangerstellung: „Digital Musical Sounds“ nannte ich das Projekt, an dem seinerzeit eine kleines Team, zu dem z. B. auch Konstantinos Kostis von der TU Darnmstadt gehörte, der heute CEO einer Network Firma ist, beteiligt war. Eigenes Geld hatte wir kaum, es gab auch keinerlei Subventionen, aber dafür hatten wir viele Ideen.

Brainwave- oder MindMachines, die mit musikalischen Einspielungen arbeitete, vermischten damals stets die akustisch-mentale Wellensteuerung von Oszillatoren – damals als isochronisches „Bibbern“ oder „Tackern“ bekannt – mit extern eingespielter Musik und man konnte die Intensität eines der beiden Elemente gegeneinander verändern und die Tonhöhe des „Tackerns“ bestimmen. Damals arbeiteten wir für BrainLight, das war eine dieser MindMachine-Herstellerfirmen, und passten Musik dem an, was deren Maschinen den NutzerInnen boten. Eine direkte Vermischung beider Elemente im Sinne einer Symbiose gab es zu dieser Zeit jedoch noch nicht.

Später entwickelten Experten wie die US-Amerikanerin Anna Wise sog. „binaurale Beats„, mit Hilfe derer bestimmte Gefühlslagen oder Fähigkeiten wie Kreativität, Konzentration und Stressbewältigung im Gehirn gezielt angesprochen und gestärkt werden sollen, wenn man sich diese per Kopfhörer für eine gewisse Zeitdauer anhört. Mir persönlich war allerdings bereits der Begriff in gewisser Weise irreführend, arbeitete ich doch zeitgleich mit binauralen Klängen. Das war etwas völlig anderes, weil hier Klänge über Kunstkopf-Mikrofone aufgenommen wurden und über das Gehör im Gehin die Wahrnehmungsebenen links/rechts, vorne/hinten und oben/unten bedienten. Aber seis drum …

Beim Erstellen von Binauralen Beats ist heutzutage der Einsatz von Ambient-Musik für alle Aspekte der Beeinflussung von Gehirnwellen weit verbreitet. Diesen Ansatz halte ich jedoch für überholt, denn die Wirkung entspannender Klänge haben zwar bereits vor Jahrhunderten buddhistische Mönche beschrieben, jedoch liebt unser Unterbewusstsein schöne, angenehme, symmetrische Dinge wie Ambient Musik, so dass es sich gerne davon „einlullen“ lässt. Andererseits wählt das Gehirn beim Andocken von Wisseninformationen an das neuronale Netz gezielt aus, was es überhaupt speichert und wieviel Relevantes davon im Gedächtnis verbleibt. So regt Asymmetrie aufgrund ihrer Ungewöhnlichkeit unsere neuronalen Bereiche an, man „horcht“ innerlich auf, ist aufmerksamer. Dies eröffnet einer Veränderung der Gehirnwellenaktivitäten außerhalb der Entspannungsmusik-Ebene eine große Chance, im Gedächtnis zu verbleiben – ganz so wie bei Wissen, das wir bewusst erlernen. Interessant ist und bleibt also die Frage, ob man durch Stimulationen des Gehirns, unterlegt mit Ambient Musik außerhalb der Entspannungs-Absicht überhaupt Konzentration und Aufmerksamkeit herbeiführen kann.

Im Oskar Sala Institut für Klangforschung haben sich Experten jehrelang der Frage gewidmet, wie die Wiedergabe über Kopfhörer bei Verarbeitung von Schwingungenund Schwebungen auf neuronaler Ebene über das Ohr an unser Gehirn möglichst optimal weitergegeben werden kann. Heraus kam, dass die Hörschnecke des Innenohrs bereits die Schwingung auswertet und weitergibt, was im grunde noch sehr weit weg von diversen Hirnarealen ist. Es geht also sowohl bei binauralen Beats als auch bei dem von uns entwickelten QUADROUND-Klang darum, eine Schwingung durch getrennte Wahrnehmung der Signale erst im Kopf entstehen zu lassen. Nur dann ist sie geeignet, Gehirnwellen zu synchronisieren.

Bereits 1973 hatte Gerald Oster in einem richtungsweisendenArtikel das Verfahren und die Erstellung von Binauralen Beats beschrieben und berichtet, dass tatsächlich an Nervenentladungen beobachtet werden konnte, dass Binaurale Beats an anderen Stellen im Gehirn verarbeitet werden als normale Schwebungen. im Folgejahr ergänzte Robert Allan Monroe dies insoweit, dass man mit Hilfe von Binaural Beats Gehirnwellen verändern bzw. synchronisieren könne. In den 2000er Jahren konnte dann sogar tatsächlich durch EEG-Versuche festgestellt werden, dass sich die Gehirnwellen aufgrund der externen Stimulation durch Wellenschwebungen veränderten und somit Bewusstseinszustände gelenkt werden können.

Aufbauend darauf entwickelten wir im Oskar Sala Institut für Klangforschung für die Erstellung der NEUROVIBES© eine Künstliche Intelligenz namens A.I.M.E.E., die erstmals Musik mit neuronalen Alpha, Beta, Delta, Gamma und Theta-Wellen derart verwebt, dass dies beim Anhören oft gar nicht mehr bemerkt wird. Wenn doch, dann liegt das daran, dass es Komponenten sind, die ursprünglich aus der TV-Technik stammen und durch isochrone Beats (also das „Bibbern“ oder „Tackern“) die mentale Wellensteuerung ergänzen. Aber darüber hinaus gibt es noch andere impulsgebende neuronale Trigger in unseren NEUROVIBES©. Diese befinden sich bereits in der Musik, bevor über die KI dort die mentale Wellensteuerung eingearbeitet wird. Wir bezeichenn sie als „Amuse-Gueule“ (also eine Art „Gaumenfreude“) für das Gehirn. Hierbei wird die für das Unterbewusstsein angenehme Symmetrie u. a. durch hin und her pendelnde Echo-Effekte und Hallräume unterstützt. Dies findet man im Portfolio der NEUROVIBES© sowohl in der Ambient Musik für unsere Entspannungsprogramme als auch in den darüber hinausgehenden anderen Formen von Musik, beispielsweise in den MENTAL KINTSUGI©-, SOUNDS OF THE WORLD- oder ENTERTAIN YOUR BRAIN-Sets.

Jena, im Sommer 2018